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„Ich sage euch : man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können.“
Friedrich Nietzsche, Also sprach Zarathustra, Zarathustras Vorrede

“They who dream by day are cognizant of many things which escape those who dream only by night.”
Edgar Allan Poe, Tales of Fantasy, “Eleonora”


Seit meiner Kindheit habe ich zahllose Stunden damit verbracht, Bleistifte, Kugelschreiber und Pinsel zu handhaben und versucht, meine Träume und Visionen zu erfassen, und umgesetzt zu Papier zu bringen.

Die voll gemalten Ränder meiner Schulhefte haben sich letztlich auf die ganze Seite erstreckt, und mit der Zeit habe ich andere Medien und erweiterte Möglichkeiten entdeckt, die Skulptur, die Glasarbeit, die digitalen Künste - Synästhesien, die das Werk in ein lebendiges Schauspiel verwandeln.

Wenn ich male, steht die Zeit still. Stunden verfließen und Farben fließen. Ich atme, überlasse mich dem Zufall, bete – eine Welt eröffnet sich.

Das Seher-Auge weist den Weg vom Herzen zur Hand. Es ist eine Reise, von Zweifeln durchzogen, voll von Formen und Silhouetten, von glücklichen Auras und Licht am inneren Horizont. Es ist ein Verlangen, ein Elan, eine Notwendigkeit, eine Arbeit, ein Gebet.

Geduldiges Werk, stets neu begonnen. Ich glaube an die Geste der Hand als der Widerschein der Seele, die eine Spur hinterlässt in Raum und Zeit, vielleicht auch in anderen Dimensionen - Erinnerung verlorener Welten, Ausdruck der Transzendenz.

Nackte, heilige Geste, weise, verrückte Trance, ich spüre das kosmische Alphabet auf, taumle von einem Lapsus zum anderen, stelle mich im Nahkampf den widersprüchlichsten Ideen, verliere mich, lasse ab um zu mir zu kommen, greife an. Eine Luftblase umgibt mich, ich fliehe die Weltlichkeit und söhne mich mit der Welt aus, ich finde meinen Platz. Vor jeder leeren Seite werde ich wiedergeboren, das ist das Geheimnis des Beginnens.

Ich nähre meine Kunst mit allem, was mich umgibt und meine Saiten zum Schwingen bringt, mit Geschmäckern und Gerüchen, mit Klängen und Zärtlichkeiten; mit Bäumen, Gesichtern und Frauen; mit Licht und Musik, mit offenbarer und verborgener Schönheit; mit Ängsten, Liebe, Schwindelgefühl, Heiligkeit; mit Rauch, Begegnungen, Reisen, Schokolade.

Die Farben prallen auf unsere globalisierte Netzhaut, eine gemeinsame Sprache aus der Zeit vor Babel scheint wieder aufzutauchen, von Wellen getragen übers Netzwerk: das linnene Netz des Malers öffnet ein Fenster zur Welt, während sich ein globalisiertes Chaos über das Netz wälzt. Ein Gleichgewicht in der Überfülle der Bilder zu finden, um meinen eigenen Blickpunkt zu bestimmen, das ist die bescheidene Aufgabe, die ich mir stelle.

Die Oberfläche tanzt, das Haut des Bildes zuckt und ich fühle tief innen meine Nerven rütteln, die Farben singen und ich sehe Musik: ich halte ein.

All das ist natürlich ohne Ende, sobald eine Arbeit fertig ist, muss ich zu meiner Aufgabe zurückkehren. Sie ist ein Biest, das sich nicht zähmen lässt.

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